Wer wird Nachfolger des amtierenden Landesmeisters BSW Sixers II? Was macht den Reiz der Oberliga-Endrunde überhaupt aus? Seit wann und warum werden in Sachsen-Anhalts höchster Spielklasse eigentlich Play-offs gespielt? Und wie sieht es in höheren Ligen aus? Lahmer Ligamodus oder spannende Play-offs? Fragen über Fragen – wir haben die Antworten….
Komisch. Gar kein Basketball? Nein, tatsächlich keine Spur von Basketball. Eishockey dominiert, wenn man bei Google nach den Stichwörtern ‘Oberliga’ und ‘Play-offs’ sucht. Später dann Football, aber Basketball fehlt nahezu vollständig. Warum? Weil in deutschen Basketball-Oberligen fast ausschließlich im Ligamodus, also ohne Play-offs gespielt wird. In Sachsen-Anhalt sieht das anders aus. Und das ist auch gut so.Über eine gesamte Saison hinweg hat David gegen Goliath nämlich schlechte Chancen. Qualität setzt sich langfristig gesehen durch. Und eine Saison ist lang. Ausrutscher werden schnell vergessen. Fehler können korrigiert werden. In den Play-offs heißt es dagegen: “Do or Die”. Oft entscheidet ein einziges Spiel über den Ausgang einer ganzen Saison. Manche Momente bleiben ein Leben lang im Gedächtnis, in den Köpfen von Spielern und Zuschauern. Helden werden geboren, tragische Figuren hocken mit Tränen in den Augen auf dem Parkett. Augenblicke, die uns den Sport lieben lassen, entstehen. Wir fiebern mit. NBA, Euroleague oder BBL? Egal! Spannung kennt keine Klassenunterschiede. „Die Play-offs sind eine ganz andere Nummer”, sagte Nils Mühlisch, Urgestein des VfL Kalbe/Milde, vor kurzem im Viermalzehn-Podcast ‘Spielzeit‘. Er meinte: „Ein verlorenes Spiel kann schon tödlich sein. Dieser Fokus, den man dann legt, führt dazu, dass diese Spiele nochmal eine ganz andere Intensität erreichen.”
Play-offs seit 20 Jahren
Nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern auch in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern stehen sich die besten Oberliga-Teams in einer Endrunde gegenüber. Ansonsten sind Play-offs in den Oberligen der Bundesrepublik eher unbeliebt – meist wird nur im vergleichsweise unspektakulären Liga-Modus gespielt.„Ein verlorenes Spiel kann schon tödlich sein.” Fritz-Joachim Jauckus, Oberliga-Staffelleiter beim Basketball Verband Sachsen-Anhalt (BVSA), könnte sich eine Oberliga in Sachsen-Anhalt ohne Play-offs derweil wohl kaum noch vorstellen: „Nach Abschluss der Hin- und Rückrunde wurden in der Saison 1993/1994 erstmals die Play-off-Runden ‘Best of three’ eingeführt und gespielt”, so erinnert er sich, „damit erhielten die Mannschaften zusätzliche Spiele mit Eventcharakter und die Saison wurde um sechs bis acht Wochen verlängert.”
Es habe zwar des öfteren Diskussionnen über die Abschaffung der Play-offs oder die Einführung eines Final-Four-Turniers gegeben, durchgesetzt habe sich allerdings keiner dieser Vorschläge, erzählt Staffelleiter Jauckus. Bis zur Saison 2003/2004 wurde neben den Halbfinal- und Finalpartien außerdem ein Spiel um den dritten Platz ausgetragen.
Oberliga-Favorit aus Halle
In der vergangenen Spielzeit sicherte sich die zweite Mannschaft der BSW Sixers souverän den Landesmeister-Titel. Und auch in diesem Jahr scheint mit dem USV Halle eine Mannschaft übermächtig zu sein. „Ich hoffe natürlich, dass wir den Landesmesiter-Titel holen”, sagt Alexander Brumme, seit Sommer 2012 Trainer beim USV Halle, warnt aber auch: „Wir sind noch nicht in der nächsten Runde.” Im Halbfinale wartet mit dem VfL Kalbe/Milde nämlich ein etablierter Oberligist, dem Alexander Brumme eine herausfordernde Leistung zutraut: „Das kann eine ganz knappe Kiste werden.” Understatement, angesicht der beeindruckenden Bilanz (18 Siege in 18 Spielen) seiner Mannschaft.
Eine wesentlich knappere Kiste können die Zuschauer im zweiten Halbfinalspiel erwarten: Der zweitplatzierte Hallesche SC 96 (13 Siege, fünf Niederlagen) trifft auf den drittplatzierten BC Anhalt aus Dessau (zwölf Siege, sechs Niederlagen). Beide Mannschaften sicherten sich vorzeitig den Einzug in die Oberliga-Endrunde und können auf einen breiten Kader zurückgreifen. Beim BCA werden mit Jens Kettmann (ehemals ASC Göttingen) und Stefan Ahrens (Aschersleben Tigers) zwei Spieler auf dem Bogen stehen, die in dieser Spielzeit vor ihrem Wechsel nach Dessau bereits in der 1. Regionalliga Nord aktiv waren. Der HSC 96 präsentierte während der Saison derweil den ehemals NBA-gedrafteten Peter Fehse als spektakulären Neuzugang und ließ mit einem Erfolg im BVSA-Landespokal gegen die favorisierten, damals aber unruhigen Aschersleben Tigers (1. Regionalliga Nord) aufhorchen.
Drei Teams in den Play-offs?
Eben jene Aschersleben Tigers befinden sich derzeit, drei Spieltage vor Saisonende, im Niemandsland der Regionalliga-Tabelle. Seit dem vorzeitig gesicherten Klassenerhalt vor einigen Wochen plätschert die Tigers-Saison so vor sich hin. Der Abstieg wurde verhindert, mehr als ein Platz im Tabellenmittelfeld ist nicht mehr drin. „Natürlich fällt es da schwer, noch Spannung aufzubauen”, sagt Michael Opitz, Trainer der Aschersleben Tigers. Julius Zurna, litauischer Aufbauspieler in Reihen des Tigers-Teams, meinte derweil bereits vor einigen Wochen: „Es ist sehr schade, dass es in dieser Liga keine Play-offs gibt. Mit unserer jetzigen Mannschaft hätten wir gute Chancen um den Meistertitel mitzuspielen.”
Aber in der 1. Regionalliga Nord werden nunmal keine Play-offs gespielt. In der Tat schade, vor allem für Sachsen-Anhalt, denn angenommen eine Endrunde mit den besten vier Mannschaften würde eingeführt werden, so wären mit dem BBC Magdeburg (2. Platz) und den Bodfeld Baskets Oberharz (3. Platz) derzeit zwei Mannschaften aus dem BVSA-Land qualifiziert. Nach dem erfolgreichen personellen Umbruch mitten in der Saison und dem Ziel Play-offs vor Augen hätte wohl auch Aschersleben eine realistische Chance auf den vierten Platz und somit den Einzug in die Endrunde gehabt – alle Regionalliga-Vertreter aus Sachsen-Anhalt wären in diesem Falle qualifiziert gewesen.
Letzter Spieltag entscheidet
Welch unglaubliche Spannung und Anspannung Play-offs erzeugen können, spüren derzeit die BSW Sixers in der Pro B: Nur mit einem eigenen Sieg im letzten Saisonspiel gegen den Tabellenführer Schwelmer Baskets und einem gleichzeitigen Erfolg der BG Dorsten gegen Wulfen würde sich das Team aus Bitterfeld, Sandersdorf und Wolfen noch für die Play-offs in der Pro B qualifizieren und das gesteckte Saisonziel erreichen. „Wir glauben daran, dass wir in einem sicherlich nervenaufreibenden Kraftakt die Play-off-Qualifikation schaffen werden”, sagte Sixers-Trainer Tino Stumpf vor kurzem gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung. Sollte seine Mannschaft scheitern, drohen die Play-Downs, gewissermaßen das Gegenteil der Play-offs. Die BSW Sixers müssten dann um den Verbleib in der Pro B kämpfen.
Ebenso wie derzeit der Mitteldeutsche Basketball Club in der Beko BBL. In der höchsten deutschen Spielklasse gibt es keine Play-downs, sondern direkte Absteiger. Das Team aus Weißenfels spielt eine solide Saison, ist auf einem guten Weg in Richtung Klassenerhalt. Die Play-offs der besten acht Mannschaft Deutschlands sind für den Aufsteiger aber verständlicherweise weit entfernt. Zumindest noch, denn etabliert sich der MBC in Deutschlands Eliteklasse, dann müssen die Play-offs früher oder später das logische Ziel sein.
David darf glauben
Bei einem Play-off-Auftritt des MBC würden wir jedenfalls mitfiebern. Wie eigentlich überall – egal ob BBL, Pro B, Regional- oder Oberliga. Spannung kennt wie erwähnt keine Klassenunterschiede. Die reguläre Saison darf vergessen werden. David darf an seine Chance glauben, Goliath sollte sich nicht zu sicher sein. Fehler werden bestraft, Ausrutscher nicht mehr so schnell vergessen. Manche Momente bleiben ein Leben lang im Gedächtnis. Play-offs sind eben Play-offs. Eine ganz andere Nummer halt.
Und übrigens: Sucht man bei Google nicht nur nach den Stichwörtern ‘Oberliga’ und ‘Play-offs’, sondern ergänzt den Begriff ‘Basketball’, dann erscheinen auf den ersten Seiten größtenteils Nachrichten aus dem BVSA-Land. Warum? Weil Play-offs in Sachsen Anhalts Oberliga Tradition haben. Und das ist auch gut so.