Auf diese Entscheidung hat ganz Basketball-Deutschland gewartet. Immer wieder ging es hin und her, nun ist es offiziell: Der BBC Magdeburg erhält eine Wildcard und tritt künftig in der Pro A an. Die Elbestädter haben sich damit quasi über Nacht zur zweitstärksten Kraft in Sachsen-Anhalt aufgeschwungen. Und das ganz ohne Schweiß zu vergießen – zumindest nicht auf dem Parkett. Ein Kommentar von Daniel George.
Diese Hoffnung auf mehr, diese Hoffnung auf höherklassigen Basketball in meiner Heimatstadt. Diese Hoffnung auf Pro A-Basketball in Magdeburg, auf namenhafte Gegner direkt vor meiner Haustür.
Dickes Dankeschön nach Düsseldorf
Die Gerüchte hatten sich schon in den vergangenen Wochen verdichtet. Düsseldorf war angeblich aus dem Rennen, würde die geforderten Auflagen niemals erfüllen können. Geschäftsführer und Trainer Murat Didin weilte wohl in seinem türkischen Heimatland. Magdeburg hingegen hatte bereits zwei erfolgreiche Lizenzierungsverfahren (Pro A und Pro B) hinter sich und außerdem einen Wildcard-Antrag für die Pro A gestellt. Die BBC-Verantwortlichen ließen keine Zweifel an den Pro A-Ambitionen aufkommen.
Und seit heute ist es offiziell: Der BBC Magdeburg spielt künftig in der Pro A. Die Elbestadt darf sich auf Zweitliga-Basketball freuen. “Wir sind überzeugt davon, dass hier ein nachhaltiges und innovatives Projekt entstanden ist, dass die Bundesligalandschaft bereichern wird”, ließ Daniel Müller, Geschäftsführer der 2. Bundesliga, verlauten. Die Verantwortlichen des BBC sind endlich am Ziel. Der Weg dahin war ein steiniger.
Das letzte Saisonspiel hatte im März stattgefunden. Seitdem dominierten Stille und ohnehin offensichtliche Bekanntmachungen das Geschehen. Die Magdeburger Volksstimme verkündete zwischendurch, dass die Elbestädter künftig definitiv in der Pro A oder Pro B spielen würden – zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als eine leichtsinnige Falschmeldung, die für zusätzliche Unruhe im Umfeld sorgte.
Anfang August hatte das BBC-Team in Wolmirstedt erstmalig wieder gemeinsam auf dem Parkett gestanden. Mit nur zwei Neuzugängen, Richard Fröhlich (ehemals Uni-Riesen Leipzig) und Ole Alsen (ehemals Aschersleben Tigers und Magdeburg), im Aufgebot musste sich die Mannschaft gegen eine US-Auswahl deutlich geschlagen geben. Trainer Dimitris Polychroniadis und Präsident Kristian Tolk, beide entspannt auf ihren Stühlen sitzend, störten sich nicht daran. Die Zuschauer sahen an diesem Freitagnachmittag schließlich nicht mehr als den Großteil des künftigen Regionalliga-Teams, die neue zweite Mannschaft des BBC Magdeburg.
Mehr Platz als beim FC Bayern
“Wir wollen uns der Herausforderung stellen, haben zweigleisig geplant”, sagte Coach Polychroniadis wenig später gegenüber dem Göttinger Tageblatt, “in Griechenland sagen wir: Jetzt müssen wir den Tanz mittanzen.” Der Grieche, dem laut Zeitungsbericht erst vor Kurzem zwei künstliche Hüftgelenke eingesetzt wurden, wollte also tanzen. Wieder einmal, mag man sagen, denn auch mit den Uni-Riesen Leipzig hatte Polychroniadis einst an die Pro A-Tür geklopft. Der Eintritt wurde ihm verwehrt. Im Mai 2012 musste der griechische Übungsleiter den Verein nach vier erfolgreichen Jahren verlassen, kurz vor dem erfolgreichen Wildcard-Antrag.
Mit Magdeburg hat nun alles funktioniert. Endlich herrscht Gewissheit. Am 28. September startet die Mannschaft in das Abenteuer Pro A: Science City Jena gastiert in der Landeshauptstadt. Der BBC wird voraussichtlich in die moderne GETEC-Arena umziehen. Die altehrwürdige Hermann-Gieseler-Halle versprüht zwar diesen ganz besonderen DDR-Charme, doch für Pro A-Basketball reicht das nicht aus. Der Umzug in die GETEC-Arena ist derweil eine Chance, birgt aber auch Gefahren.
Der Grieche, dem erst vor Kurzem zwei künstliche Hüftgelenke eingesetzt wurden, wollte also tanzen. In der ehemaligen Bördelandhalle können maximal rund 8.000 Zuschauer Platz nehmen. Zum Vergleich: Der Audi-Dome, Heimat des aufstrebenden FC Bayern München, verfügt über 6.700 Plätze – und das in der höchsten deutschen Spielklasse, bei einem Verein, der bald auch in Europa für Furore sorgen möchte. Dem BBC Magdeburg könnten bei den Topspielen theoretisch also mehr Zuschauer zusehen als dem FC Bayern München. Kurios.Zu den Handballspielen des SC Magdeburg (1. Liga) kamen zuletzt im Schnitt etwa 5.600 Zuschauer. Die Basketballer werden ihre neue Spielstätte derweil nicht einmal ansatzweise füllen können, Zweitliga-Euphorie hin oder her. Stimmung wird zunächst also schwerlich aufkommen. Eine Lösung, die vom BBC in den vergangenen Jahren immer wieder praktiziert wurde, könnte das Verteilen von Freikarten sein.
Die Spuren sind nicht schön
Ein guter Monat bleibt dem Verein jedoch noch bis zum Pro A-Auftakt. Bis dahin muss eine schlagkräftige Mannschaft zusammengestellt werden. Einige Spielerverträge liegen mit Sicherheit schon in den Schubladen. Nun muss unterschrieben werden. Einzig Richard Fröhlich und Marvin Boadu (ehemals SC Rist Wedel) wurden bislang offiziell als Neuzugänge vermeldet. Weitere Spieler müssen folgen. Der Magdeburger Pro A-Kader ist noch eine Wundertüte.
Die ewige Frage, ob Aufstieg oder nicht, hat jedenfalls eine Antwort gefunden – und dabei Spuren hinterlassen. Die Glaubwürdigkeit der DJL (Die Junge Liga) hat gelitten. Erst einen Monat vor dem ersten Spieltag eine endgültige Entscheidung zu fällen, zeugt nicht gerade von Professionalität. Deadlines wurden regelmäßig überschritten und verschoben, wieder überschritten und wieder verschoben. Fans und Vereine mussten sich gedulden. Planungssicherheit sieht anders aus.
Wie zum Teufel kann es sein, dass ein Verein einfach so zwei Ligen überspringt?Zudem drängt sich eine grundlegende Frage auf: Wie kann es sein, ja wie zum Teufel kann es eigentlich sein, dass ein Verein einfach so zwei Ligen überspringt? Magdeburg hatte sich sportlich mit dem zweiten Platz in der vergangenen Saison nicht einmal für die Pro B qualifiziert. Man stelle sich solch ein Szenario im Profi-Fußball vor, wo schon allein das Mäzentum, beispielsweise in Hoffenheim, nahezu verachtet wird.Und im Basketball überspringt ein Verein – am Ende des Tages einzig und allein aus finanziellen Gründen – einfach so zwei Ligen? Ohne auf dem Spielfeld sportlichen Schweiß vergossen zu haben? Vielleicht bin ich nur ein überflüssiger Sportromantiker, Teil einer aussterbenden Spezies, aber meiner Meinung nach sollte man sich einen Aufstieg auf dem Parkett verdienen – so und nicht anders. Punkt.
Ein cleverer Schachzug
Den BBC Magdeburg mit diesem Vorwurf zu konfrontieren, wäre allerdings mehr als unangebracht. Der Verein kann nichts für das System. Die Verantwortlichen hegen große Ambitionen und setzen ihre Vorstellungen anscheinend auch um. Dafür bin ich ihnen als Basketball-Enthusiast und gebürtiger Magdeburg dankbar.
Nun bleibt abzuwarten, wie sich meine Heimatstadt in der Zweiten Bundesliga schlagen wird. Ich bin da skeptisch, doch selbst bei einem sofortigen Abstieg würde man in der Saison 2014/2015 auf jeden Fall in der Pro B spielen und hätte sich somit ein weiteres Jahr in der semi-professionellen 1. Regionalliga erspart. Kein mühsamer Aufstiegskampf. Eigentlich ein cleverer Schachzug.
Und so sehr mich die vergangenen Monate und das nicht enden wollende Pro A-Theater zu einem vielleicht zu großen Zweifler haben werden lassen: Tief in mir schlummert diese Hoffnung. Diese Hoffnung auf mehr. Diese Hoffnung auf erfolgreichen Pro A-Basketball in Magdeburg. Ich würde mich ernsthaft darüber freuen.